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Was bedeutet Resilienz?
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Was bedeutet Resilienz?

Aktualisiert am

23. August 2023

Autor

DerSchatzn

Lesezeit

10 Min.

Inhaltsverzeichnis

Aktualisiert am 23. August 2023 von Christian

Jedes wissenschaftliche Thema braucht zunächst zwei Dinge: einen konkreten Untersuchungsgegenstand und die Möglichkeit, ihn durch messbare Werte zu untersuchen. Die erste Frage sollte also also lauten: Was genau untersucht die Resilienzforschung?

Die Resilienzforschung will erforschen, warum manche Menschen besser mit belastenden Erfahrungen umgehen als andere. Die meisten medizinischen Themen versuchen herauszufinden, was es ist, was uns krank macht. Die Resilienzforschung zäumt das Pferd von hinten auf und fragt Menschen, wie sie ihre psychische Gesundheit auch nach besonders belastenden und traumatischen Erlebnissen erhalten können. Es ist sehr interdisziplinär: Die Suche nach den Geheimnissen körperlicher und geistiger Belastbarkeit treibt Psychologen, Soziologen und Neurowissenschaftler gleichermaßen an. Trotz beeindruckender Anfangserfolge steckt die Forschung hier noch in den Kinderschuhen.

Das zeigt sich unter anderem daran, dass immernoch viele Fragen unbeantwortet bleiben. Auch die Definition des Kernbegriffs „Resilienz“ sorgt mitunter für Diskussionen. Beispielsweise beschreiben einige Forscher es als die Fähigkeit, unsere negativen Emotionen nach intensiven Stresserfahrungen zu überwinden. Andere allerdings sehen darin einen Prozess. Eine sukzessive Bewältigung von gewalttätigen bis traumatischen Erlebnissen.

Das sind Unterschiede, die auf den ersten Blick trivial erscheinen. Sie stellen die Forschung allerdings vor ein großes Problem: Je nachdem, ob man Resilienz als Fähigkeit oder als Prozess definiert, sind die Symptome, Faktoren und Maßnahmen, auf die man sich konzentriert, sehr unterschiedlich. Die beste Definition ist also, beides zuzulassen: Resilienz ist der Erhalt oder die Wiederherstellung der psychischen Gesundheit nach Stresserfahrungen.

Doch wie misst man Resilienz?

Wie kann man Resilienz messen?

Wie lässt sich so etwas Komplexes wie die Resilienz eines Menschen messen? Denn man kann ja schlecht jemanden fragen, wie er sich dahingehend einschätzt. Das wäre ja ein nicht ganz so valider Wert. Genauso sinnlos ist es, zu versuchen, die Belastbarkeit mit einem Fragebogen zu ermitteln.

Die Entwicklung aussagekräftiger Messinstrumente wird unter Wissenschaftlern als Operationalisierung bezeichnet. Im Grunde geht es dabei darum, welche Metriken gemessen werden – und wie diese Ergebnisse miteinander verglichen werden können. Wenn Du die Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit von Menschen verstehen willst, musst Du Sie ihnen Fragen stellen, um die Faktoren hinter diesen Unterschieden aufzudecken. Wie bei diesem Beispiel:

Zwei Männer – nennen wir sie einfach mal Jan und Sebastian – nehmen an einem Langzeitexperiment teil. Beide beginnen die gleiche Ausbildung, leben bei alleinerziehenden Müttern und befinden sich in einer festen Beziehung. Nach drei Jahren haben beide eine leichte Depression. Um die Resilienz der beiden zu beurteilen, müssen wir neben der psychischen Gesundheit auch ihre Lebensumstände betrachten. Und das wirft die Fragen auf, ob es im Leben der beiden einschneidende Erlebnisse gab und wie stark deren Auswirkungen waren.

Wir sehen: Beide sind gesundheitlich gleichermaßen betroffen. Im Gegensatz zu Jan war Sebastian vorher aber durch eine Prüfung gefallen, nach der Ausbildung nicht vom Betrieb übernommen und obendrein von seiner Freundin verlassen worden. Weil er trotz dieser Widrigkeiten genauso gesund bzw. krank ist wie Jan, wird er als resilienter eingestuft.

Forscher nutzen Zahlenwerte, um Resilienz messbar zu machen. Um diese Werte vergleichen zu können, werden sie Gesundheits- und Widrigkeitsindikatoren zugeordnet. Versteckte Fragen zur Schwere von Symptomen stressbedingter Erkrankungen wie „Ich fühle mich nutzlos“ wurden ebenso wie die Lebensumstände auf eine Werteskala von null bis drei verschoben.

So können auch Erfahrungen wie das Scheitern von Karriereplänen oder das Zerbrechen von Liebesbeziehungen berücksichtigt und verarbeitet werden. Aufgrund veränderter Lebensumstände spezialisieren sich Resilienzforscher auf Langzeitstudien.

Resilienz basiert auf biochemischen Prozessen

Rein biochemisch gesehen funktionieren Mensch und Tier sehr ähnlich. Daher gibt es viele aufschlussreiche Studien, die zuerst an Tieren durchgeführt wurden, bevor man sie am am Menschen unternommen hat. Dies gilt auch für Resilienzstudien.

Experimente an Mäusen haben beispielsweise gezeigt, dass der Körper als Reaktion auf Stress ganz bestimmte Prozesse aktiviert. Im Jahr 2005 führte Oliver Berton, ein Neurowissenschaftler an der University of Texas, solch ein Experiment durch. Er paarte Mäuse bewusst mit aggressiven Konkurrenten, um sie zu stressen. Gestresste Nager entwickeln einen „sozialen Ekel“: Das heißt, sie meiden ihre Artgenossen. Dieses Symptom ähnelt der Isolation, in der sich Menschen mit Depressionen befinden.

Burton beobachtete jedoch auch, dass einige Mäuse keine Stresssymptome zeigten und ein normales, gesundes Sozialverhalten beibehielten. Die Forscher gingen diesem Phänomen in weiteren Tests nach und machten eine verblüffende Erkenntnis: Bestimmte Gene waren bei unbelasteten Mäusen deutlich stärker aktiviert. Diese Gene steigern die Produktion von Proteinen, mit denen Tiere bestimmte Körperfunktionen regulieren können.

Eine Studie an US-Soldaten, die im Irak-Krieg dienten, bestätigte dann diese Ergebnisse auch beim Menschen: Soldaten, die trotz ähnlicher Belastungserfahrungen und Bedingungen keine Nachkriegs-PTBS entwickelten, hatten eine ähnliche Aktivierung bestimmter Gene. Diese Gene unterstützen sogar die Wundheilung und auch das Immunsystem.

Der Test mit den Mäusen wurde auch auf neuraler Ebene ausgewertet. Man fand heraus, dass der ventrale Tegmentalbereich des Gehirns – der unter anderem für die Ausschüttung von Dopamin verantwortlich ist – bei Mäusen, stärker aktiviert war. Zumindest bei denen, die nicht stressresistent waren. Anscheinend hat im Gehirn von widerstandsfähigen Mäusen ein chemischer Prozess stattgefunden, der die Aktivierung des VTA verhinderte.

Wenn man darüber nachdenkt, klingt das allerdings etwas seltsam. Denn warum führt gerade die Blockade des VTA zu Resilienz, wenn dort doch Dopamin, also Lust- und Belohnungshormone ausgeschüttet werden?

Die Depression und das Belohnungssystem

Wenn widerstandsfähige Mäuse sich biologisch an Stress anpassen können, was genau führt dann zur Störung des Sozialverhaltens bei den anderen Mäusen? Was ist mit den widersprüchlichen Rollen des ventralen tegmentalen Bereichs (VTA) und Dopamin?

Intuitiv sollte man meinen, dass die Aktivierung des VTA einen positiven Effekt hat. Schließlich sorgen Nervenzellen in diesem Bereich für einen Anstieg des Dopaminspiegels.

Zur Erinnerung: Dopamin, das sogenannte Glückshormon, ist der Star unseres körpereigenen Belohnungssystems. Es steckt voller positiver Reize, wie Schokolade oder einfach nur der Gedanke an Weihnachten oder Süßigkeiten. Sollte Dopamin dir dann nicht helfen, mit Stress und negativen Emotionen umzugehen?

Man hat unterschiedliche Aktivierungsgrade des VTA als Hauptunterschied zwischen resilienten und nicht resilienten Mäusen identifiziert. Die Tests wurden mit einer recht umstrittenen Schlussfolgerung beendet. Ein höherer Dopaminspiegel führt zu einem gestörten Sozialverhalten. Doch alle Versuche, den Zusammenhang mit gezielten Folgetests zu verifizieren, sind bisher misslungen. Mäuse mit blockierter Dopaminfreisetzung waren genauso resilient wie zuvor. Dopamin hat also offenbar keinen Einfluss auf die Belastbarkeit.

Weitere Tests zeigten jedoch, dass VTA-Neuronen neben Dopamin auch einen weiteren Botenstoff namens Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) ausschütten. Mehr Aktivierungen im VTA bedeuten auch mehr BDNF. BDNF wurde in der Hirnforschung mit Störungen wie sozialer Aversion in Verbindung gebracht. Dieser Test war eindeutig. Alle Mäuse, deren BDNF-Rezeptoren gezielt blockiert wurden, erholten sich schließlich wieder. Im Laufe der Zeit greift BDNF offenbar Dopaminrezeptoren an und beeinträchtigt deren Fähigkeit, die entsprechenden Signale zu übertragen.

Forscher fanden einen wichtigen Zusammenhang. Die Störung des dopaminbasierten Belohnungssystems ist eine der größten neurobiologischen Ursachen für die Entstehung von Depressionen.

Oder um es verständlicher auszudrücken: Zu viel Stress kann depressiv machen.

Ein gesundes Maß an Stress stärkt dich

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Solltest Du in Zukunft darauf achten Stress gänzlich zu vermeiden? Und meine kurze Antwort ist: Nein!

Denn mit Stress kannst Du deine Resilienz trainieren. Was nicht heißen soll, dass Du dich mit Absicht in jede stressige Situation hineinmanövrieren sollst. Nein, da gibt es schon ein paar weitere Dinge, die Du beachten musst. Und es ist ein schmaler Krad, den Du vermutlich hin und wieder verlassen wirst. Das ist aber in Summe nicht weiter tragisch.

Aber was ist Stress eigentlich? Im Prinzip, nur ein von Natur aus nützliches Signal. Dein Gehirn sendet “laute” Signale durch deinen Körper, um dich vor Gefahren zu schützen. Wenn Du beispielsweise siehst, dass ein Auto in letzter Minute beschleunigt, während Du noch dabei bist die Straße zu überqueren, kann dich dein plötzlicher Stresspegel dazu bringen, sofort an den Straßenrand zu springen.

Andererseits macht der Stress, den wir in einer Wachstums- und Leistungsgesellschaft erleben, viele Menschen krank. Als Auslöser von Stress, sogenannte Stressoren, hat die Forschung neben traumatischen Erlebnissen, die Prüfungen und Krisen im Leben, die immer mit einer Versagensangst einhergehen, identifiziert.

Aber warum kommen manche Menschen besser mit Stress zurecht als andere? Haben lebensverändernde Erfahrungen wirklich positive Langzeiteffekte auf die psychische Gesundheit? Inzwischen fand man heraus, dass Menschen, die drei oder vier lebensverändernde Erfahrungen gemacht haben, wie zum Beispiel der Verlust eines geliebten Menschen, tatsächlich psychisch gesünder waren als diejenigen, die nur eine oder keine solche negative Erfahrung gemacht haben. Sie waren deutlich unempfindlicher gegenüber akutem Stress und insgesamt zufriedener mit ihrem Leben.

Und auch ich kann das aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen bestätigen. Klar, sonst würde ich vermutlich auch dieses Buch nicht schreiben. Vor den Erlebnissen, die ich dir am Anfang des Buches geschildert habe, war ich kaum belastbar. Heute, ein paar Jahre, sogar schon Jahrzehnte später habe ich natürlich eine Menge Erfahrungen gemacht. Erfahrungen die mich zu dem Menschen machten, der ich jetzt bin. Man darf nur nicht in die beliebte Gerechtigkeitsfallen des Lebens tappen. Man sollte alle Erlebnisse in seinem Leben als Lektion sehen, nicht als persönlichen Angriff oder Probleme. Auch sollte man nicht denken, dass es das Leben selbst auf einen abgesehen hat. Schlimme Dinge passieren, genauso wie gute Dinge. Das Geheimnis liegt nur daran, wie wir diese Dinge persönlich bewerten.

Und auch wenn Du jetzt, während Du dieses Buch liest, denkst: “Was labert der hier eigentlich für einen Mist.” Dann kannst Du auch von diesem Standpunkt aus an deiner Einstellung arbeiten. Denn das möchtest Du doch, sonst hättest Du dir vermutlich nicht dieses Buch besorgt, oder? Also: Den ersten Schritt für deine Veränderung hast Du bereits hinter dir. Lass uns jetzt zusammen den nächsten Schritt gehen.

Alles hängt von deiner eigenen Bewertung ab

Ein paar Zeilen zuvor habe ich etwas darüber geschrieben, wie wir Dinge persönlich bewerten. Und ich bin mir sicher, dass Du auch schon die Beobachtung gemacht hast, dass zwei Menschen auf die gleiche Situation unterschiedlich reagieren. Der eine sieht in etwas eine Chance, der andere allerdings ganz panisch ein unlösbares Problem. Da stellt sich die Frage nach dem Warum.

Die Basis dieses Umstanden liegt darin begründet, dass es einen Zusammenhang zwischen Reizen und Reaktionen in unserem Körper gibt. Hattest Du einmal ein traumatisches Erlebnis, entstehen in deinem Gehirn konditionierte Reaktionen, die durch bestimmte Reize ausgelöst werden.

Wenn Du einen Autounfall hattest, kann es sein, dass eine Autohupe Panik, Angst oder Stress in dir auslöst. Und das über eine lange Zeit. Aber das ist bei jedem Menschen ganz unterschiedlich. Manche Menschen wiederrum asoziieren dann alles möglich mit diesem Unfall. Eine Allee, das Wetter, einen Song der im Radio lief. Wieder andere asoziieren mit diesen Reizen aber etwas positives, wie zum Beispiel den nahenden Krankenwagen, der für Hilfe und Rettung steht. Deine emotionalen Reaktionen hängen also davon ab, wie Du denkst. Wie Du Dinge für dich bewertest.

Und das ist tatsächlich die wichtigste Lektion, die absolute Basis dafür deine Resilienz zu stärken. Das Verständnis dafür, dass alles mit deiner eigenen Bewertung von Ereignissen anfängt. Wenn Du nicht bereit dazu bist, dieses Verständis zu entwickeln und wenn Du dich als Opfer deines Lebens sehen möchtest, dann hör an dieser Stelle auf zu lesen. Denn was es für Resilienz braucht, das ist unter anderem Optimismus.

Eine optimistische Einstellung zum Leben

Wie wir hoffentlich alle wissen, ist Vertrauen die halbe Miete im Leben. Denn, wer an die guten Dinge des Lebens glaubt, ist in der Regel erfolgreicher und glücklicher. Zumindest im Vergleich zu den Menschen, die sich immer nur auf die negativen Dinge fokusieren. Warum schreibe ich das? Nunja, weil eine positive Einstellung zum Leben eine Säule der Resilienz ist.

Betrachtet man es rein biologisch, dann ist Stress ein essentieller Schutzmechanismus, der uns vor einer zu gefährlichen Sorglosigkeit bewahrt. Denn stell dir mal vor Du wirst gekündigt, Du machst dir aber deswegen keinen Stress. Du glaubst, Du wirst schon rechtzeitig einen neuen Job finden. Dementsprechend überrascht bist Du dann am Ende, wenn Du mit der Situation zu sorglos umgegangen bist und quasi auf der Straße sitzt.

Natürlich solltest Du dich nicht zu verrückt machen, so dass Du nur noch Bauchschmerzen in deiner Situation hast. Grundsätzlich ist es jedoch so, dass positive Menschen sich viel weniger negativen und schädlichen Stress machen.

Zusammenfassung

Die Resilienzforschung bietet uns spannende Einblicke darin, warum Menschen unterschiedlich mit Krisen, Stress und traumatischen Erfahrungen umgehen. Aktuelle neurologische Experimente und Messungen deuten darauf hin, dass unsere psychische Belastbarkeit teilweise damit zusammenhängt, wie unser Körper biologisch und unbewusst auf Stressreize reagiert. Gleichzeitig legen die unterschiedlichen Reaktionen von Menschen nahe, dass unsere Bewertung dieser Reize eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielt. Diese wertvollen Erkenntnisse helfen bei der Entwicklung neuer Behandlungen für Depressionen und andere stressbedingte oder krisenbedingte Störungen. Was Du für dich mitnehmen kannst ist, dass Du dich darauf trainieren solltest, einen Fokus auf der Positive in jeder Situation zu legen. Du sollst dir nichts schön reden, oder dir Illusionen machen. Bleibe nur realistisch und optimistisch – lass dich nicht von negativen Gedanken runterziehen.

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